Sonntag, 23. März 2008

Walser-Goethe


LEER-GEDICHT

Lili - Stella; Tanz & Natur ...
& Über die binsenähnlichen Blattformen bei Umbelliferen

(Lili war die erste, die ich tief und wahrhaft liebte, und vielleicht war sie auch die letzte. Goethe an Soret)

Der zage Lenz pfeift grüne Triller
Und sehr verzückt reimt Friedel Schiller:

"Dort hinten seh ich Goethen schon
Und Lili auch, sowie Charlotte
Diese flotte Polyglotte
Bläst Wolfgang einen FloethenTon.

'Vom Eis befreit sind Strom und Bäche.'
Er geht Ulrike an die Wäsche
Und sie wird mucker & ihm schwan'z
Der Vormärz ruft zum WalserTanz.

Sofort kommt EI-Niges in Fluss;
Denn es ist Ostern & es muss
Die Farbe bunt ans OsterEi ...,
Doch ich' vergaß, OH Goeth' verzeih,
...?! ... Da war doch noch die Vulpius,
Der Du so gerne mit'nem Kuss
Das Röslein rot nach dem Entkleiden
Zwischen Schenkeln & zwar beiden
Zungenflink, ja ganz genau! ...
Verslispeltest. - Du geile Sau!"

Viel später Walser seicht & lieb
Sehr granufink darüber schrieb:
Dass Dichter - greis - sind undicht, da
Die Drüse tropfreimt : "Pro-sta-ta!"

Doch schon schreit Lenz: "Moment, Moment!"
'Ich weiß nicht, Schillern, obst Ihrs kennt?:
Da hat der Wölfi doch vor Jahren
Fast mit Vernunft nach ein, zwei Klaren
Über die Natur gedichtet.
Wie sie IHN einst aufgerichtet,
Als die steinige Charlotte
Diese weheMens-Kokotte
Ihm das Köpfchen strich - das kahle,
Dass sodann mit einem Male
Wie ein Kern aus seiner Schale,
Wenn man da nur sehr geschickt
An gewissen Stellen drückt,
Die Natur ejaculieret
Und Humunculi gebieret !?!!

Dann später Anek Dote spricht ... Dazu das folgende GeDicht:

'Während Johann beinanbein
Mit seiner Muse Frau von Stein
Am Tische sitzend brav parlierte
Und dabei Sommerobst entkernte

d.h.
Den Stein aus Kirsch' & Pflaum'
Viel flinken Fingers fix entfernte
Und mehrmaln Kern sowohl als Schale
Beid's getrennt, jedoch mit einem Male
In seinen warmen Händen hielt ...
... Wurd's in ihm wahr:
"Am Anfang ist Gestalt! Na klar?!!?!!"

So sprach er dann zu Frau von Stein
Am Tische sitzend beinanbein,
Und spürt beengt vom Tuch der gelben Werther-Hose
(Dies ist´s, was er durch Troll uns übergab):
"Gestalt drängt ste'h'ts auf Mütt´more fose!"
Wobei Frau Stein - sehr handgeschickt - ihm hüftigst senkRecht gab.
! ... - ! - ... - ! - .... !
(Dessert ...):
Zum gut entkernten Obst, macht's Steinchen weiß´ VaNilleSauce?!'

Sonntag, 9. März 2008

Anal rasiert?


La Charlotte Roche fou cauld

Alle Fehler, die man (hat), sind eher zu verzeihen als die Mittel, die man anwendet, um sie zu verbergen.

Ich muss, noch, einige Worte, zu dem sagen, was ich bereits schon einmal zu Lydia und ihrer Behinderung sagte. Die Contergan-Renten sind übrigens erhöht worden. Oft und immer meint man, ein Anderer oder eine Andere sein zu wollen oder gar zu sollen, als man nun tatsächlich ist. Doch man ist nun einmal so. Aber warum nicht die Akzeptanz dessen, was man ist? Warum immer das Gucken auf alles Andere, das vielleicht ganz anders ist als das, was man selbst ist?
Warum Claudia Schiffer sein wollen? Warum Don Johnson oder Paul Neumann oder Florian Silbereisen oder Hansi Hinterseer oder Rita Süssmuth oder Frauke Ludowig oder Charlotte Roche oder ganz und haar rasiert oder so etwas sein wollen? Warum im Leben immer das sein wollen, was man nicht sein kann. Denn auch die angeführten, so genannten 'Schönen & Reichen & oft ziemlich Dummen' wollen immer noch etwas anderes sein, als sie sind.
Nimm' nur Mickey Rourke. Der, der wollte immer Boxer sein oder so, aber er ist's nicht geworden. Prof. Dr. Gerd B., der gewaltigste Filmwirker der Weltmuster-Hemisphäre, will immer ganz spontan und ein Mann als ein Künstler sein, aber er ist es nicht. Du willst immer beim Ficken einen Orgasmus haben, aber du kriegst ihn einfach nicht. Nicht ums Verrecken! Rainer will immer noch das ultimative Buch die "GROSSE UNTERNEHMUNGSBERATUNG" schreiben, aber er schreibt es nicht. Heitmann wollte immer Bundespräsident werden, aber er wurz nicht. Der Herzspezialist Prof. Barnard wollte Katrin Krabbe immer nackend sehen, aber er kriegte sie nicht nackend zu sehen. Im Gegenteil, er starb über diesem Begehren einen geheimen Herztod kurz vor der clenbuterolen Ziellinie - übrigens Kim Basinger soll Lippenkrebs haben, aber Patrick Swayze eigentlich eher Bauchspeicheldrüsenkrebs, was sagst'n dazu? - , ... und ich, ich wollte schon immer sterben, aber der Tod will mich nicht. Er sagt immer: Lebe so lange bis ich komme, dann kannst Du immer noch sterben und wir sehen dann mal weiter.
TRAGISCH! DAS ALLES. Aber es ist so.

All das, was man unanständig inständig haben möchte, bekommt man nicht. So war das auch Gestern in diesem Film von Martin Scorsese. Ein Film, den wir beide uns ansehen sollten. Eine wunderbare Liebesgeschichte. Ganz unspektakulär und doch sehr verhalten glühend und mitbewegend.
Aber ich verliere wieder Lydia und die Behinderung aus der Schreibe. Siehst du, so schwierig ist es über die Verfehlung und die allgemeine, menschliche Behinderung einige seriöse Gedanken zu verschriften. Lustig! Ja, lustig kann man sich über alles machen! Abba einmal ein ernstes Wort über das Bewältigen der Schwierigkeiten des Lebens zu schreiben, ist ungleich mühevoller als das Entgräten einer Makrele bei verspeisungstreibender, zügelloser Begierde.
Und doch muss Lydia sich irgendwann einmal so angenommen haben, wie sie ist. Ist sie so? Und doch, so denke ich weiters, verflucht sie zu bestimmten Zeiten ihr Leben und das der Anderen, die ihr angeblich eine gewisse körperliche Normalität voraus zu haben scheinen, nur weil sie sich selbst & ohne Arm verlängerndes Hilfsmittel den Arsch abwischen können. Ja, was heißt denn das ... respektive, exakt, genau, relativ beziehungsweise absolut losgelöst in dem Ganzen von Zwischenmenschlichkeit sozusagen. Hm?!! Schmarr'n, Schopf- & Topfnudeln etc noch'Amal!! Kennst'e den Film "Fucking Amal"??. Dort - ein ähnliches Thema: Bin ich's selbst!?
Ich zum Beispiel wollte immer groß sein. Stark sein. Stark und groß wie mein Vater wollte ich sein. Jahrelang bin ich als ein junger Mann als einem Künstler ;-) in übergroßen Jacketts herumgelaufen. Nur weil ich dachte, dass man dadurch meinen - wie mir schien - nicht breit & muskulös genug geratenen Oberkörper nicht sehen könne. Oder diesen - eben verdeckt durch das Jackett - dann für überenorm extrem muskulös und breit halte.
Zu jener Zeit trug es sich zu, dass es einmal wieder den heißesten Sommer gab, den es damals so ziemlich gegeben haben mochte (ein MärchenAnfangSatz). Und in diesem wieder einmal heißesten Sommer, während dem ich in der Regel die wärmsten, da am meisten gepolsterten Jacketts trug, ging ich mich und meinen mir nicht zusagenden Oberkörper gänzlich vergessend auf die Straße und bemerkte erst eine ganze Weile später, dass ich es sozusagen verschwitzt hatte, mein mich ganz machendes und also aus der Behinderung herausholendes Jackett anzuziehen.
Ich wähnte mich nun von allen Menschen beobachtet & verlacht und wollte bemerkt haben, dass sie alle leise und verhalten heimlich - und darum in höchstem Maße unheimlich - über mich und den in meinen Augen missgestalteten Oberkörper redeten. Doch es war in & an dieser Situation nichts mehr zu ändern. Zurück nach Hause konnte ich nicht, da ich sonst zu spät zur Schule gekommen wäre; und so musste ich denn weiter Spießruten laufen. Das brachte mich derart ins Schämen, dass es mir ohne das Jackett noch heißer wurde, als es mir an diesem schwülen Sommertage je mit dem Jackett geworden wäre. Und jedes hübsche Mädchen - und plötzlich waren auch die hässlichsten Mädchen hübsch, nur weil ich mich ohne meine Jackettarmierung noch hässlicher fand -, das mir begegnete, vergrößerte meine Pein, und trieb mir derart die Schamesröte ins Gesicht, dass ich keiner Urlaubsbräunung bedurft hätte.

Es war einfach schrecklich und alptraumhaft, ich ging, wie man so zu sagen pflegt, neben mir her. Jedoch tragischerweise in dem Bewusstsein, dass ich es bin, der da mit schmalem, unansehnlichem Oberkörper fast nackt - wie im Traume manchmal im kurzen Hemd und ohne Unterhose - in aller Öffentlichkeit die Straße entlang schlich. Ungemein peinlich aber unbemerkt.
Plötzlich stand Beate neben mir, die Beate vom Mädchengymnasium, die Beate, die alle Jungs wollten, die aber schon einer hatte. Nämlich der Althoff aus meiner Klasse hatte sie schon! Der schöne Althoff, der zwei Jahre älter war als wir, da die Dumpfbacke schon einige Male hängen geblieben war. Der Althoff, der über einen Führerschein, ein Auto, ein Motorrad (seine Eltern waren sehr wohlhabend) und natürlich einen tollen Oberkörper verfügte. Er war das Sportass unseres gymnastischen Gymnasiums.
Na, jedenfalls ging diese Beate neben mir her und sagte ganz unvermittelt: "Günter, ich hätte dich bald gar nicht erkannt, so ohne Jackett." .... Pause ... die heiße Luft schwirrte mir vor den Augen .... & ... ich ... ich wünschte mich ganz woanders zu sein ... sehr weit fort von der schönen Beate. Als sie dann aber meinte, "Du siehst ohne Jackett viel besser aus. In den Dingern, die du trägst, kommst du einem immer so vor, als müssest du da noch hineinwachsen", verrückte sich schlagartig mein Selbstbild. Spontanheilung! Denn durch Beates Worte küsste Anna unversehens Bolika & mein Oberkörper pumpte sich auf wie der von Arnold.
Beim Verabschieden fragte sie mich, ob ich Lust habe, nach dem Unterricht mit ihr ins Campi (eine, NEIN, die Italienische Eisdiele in Oberhausen zu damaligen Zeit) zu gehen.
"Und der Althoff?", fragte ich schüchtern zurück:
"Och der, der geht mir mit seiner Angeberei und seinem dummen Geschwafel auf'n Wecker", sagte Beate. "Wie wär's, wenn du das Gedicht mitbringst, das du in der letzten Schülerzeitung veröffentlicht hast? Unser Deutschlehrer will mit uns darüber reden, und da fänd ich's ganz toll, wenn ich bei der Interpretation sagen könnte, dass du das auch so meinst, wie ich das sehe."
Nachdem uns dann alle neidvoll im Campi gesehen hatten, hieß es für'ne Weile: "Mensch, habt'a jeseh'n, der Ewi (so nannte man mich damals, Ewi aber schnell und kurz gesprochen) geht mit der Augustiniak (Beate)!"
Einige meiner damaligen Freunde versuchten sich darauf im Gedichte Schreiben. Aber das fruchtete bei ihnen genau so wenig, wie bei mir das Aufbereiten meines schmalen Oberkörpers mittels übergroßer Jacketts. Aber auch heute komme ich zuweilen ganz gerne nicht ohne Sack OH?! aus.

Tja, liebste ANNA, so ist das mit der allgemeinen relativen Behinderung des auf's Ganze gehenden Menschen. Fast ein Osterrätsel.
Und ich lasse nun das alles hier 'mal als Frag...Ment und grüße Dich als meine liebe Freundin und wünsche, dass der Osterhase Dir die Ovarien recht brunft malen möge ...

Mittwoch, 5. März 2008

Hey Julian ....


Du bist ein Typ, Vatter!!!
>
> kurz mal eben geschrieben, 7 Seiten lang über Evaluation ?! ...............




Na, ich kann halt schnell schreiben...;-) ....

.... Die meiste Zeit brauche ich fürs Korrigieren & trotzdem finde ich hinterher (wenn ich denke, alles sei im Lot) immer noch kleine Fehler, die mich dann wahnsinnig ärgern.

Früher hatte ich oft den Klaus oder den Andreas hinter mir sitzen, das sind beide so WortFürWort-Leser. Die ha'm's dann gerichtet.

Korrekturlesen von Texten Anderer kann ich dann wiederum sehr gut. Es sind ja eben nicht meine. Ist aber auch nichts Merkwürdiges dabei; denn da ich meist meinen eigenen Text schon präfiguriert im Kopf habe & oft gar nicht so Recht weiß, wo der her kommt und wie der von dort in meine Finger gekommen ist, lese ich diesen, meinen eigenen Text, eigentlich auch gar nicht mehr so richtig beim Korrigieren sondern memoriere ihn lediglich. Und dabei fallen die Fehler dann natürlich meist nicht auf.

Ich wollt's auch nur mal wieder wissen. Denn J. hatte sich bei B. (mit Blick auf mich) beschwert, sie habe zu wenig anspruchsvolle Aufgaben. Na ja, und da hat'er dann gesagt, mach' dir mal Gedanken über die Evaluation von FörderMaßnahmen - ich brauch's für die Geschäftsleitung.

Und daran saß sie dann ... bis zum letzten Mittwoch schon 2 lange Wochen lang.

Mittwochmorgen stöhnte sie: "Ich krieg's nicht hin mit der scheiß Evaluation. Mir fällt einfach nix Vernünftiges dazu ein! ... Kennste das?", meinte sie zu mir. - "Nö", hab ich gesagt, "kenn' ich nicht, mir fällt zum Schreiben immer was ein." Und danach dachte ich: Jetzt hast'es gesagt & dann musst'es eben auch gleich mal wieder versuchen.

Und schon bei den ersten Sätzen wusste ich, dass es geht. Oft braucht man nur den richtigen Anfang - oder besser gesagt - man braucht eigentlich keinen "richtigen" Anfang, also keinen, der direkt etwas mit dem Thema zu tun hat, sondern man braucht irgendeinen Anfang, egal was.

Ich mach's meist so, dass ich mir ein Gegenüber vorstelle und dem erst einmal erzähle, was ich nicht machen möchte & was alles nicht geht & dass das Thema eh "blöd" is' & das Wetter beschissen & es mir nicht gut geht ... so etwas in der Art ... und das schreibe ich während ich das denke schon auf ... und im Verlauf des Schreibens - auch von Dingen, die mit dem eigentlichen Gegenstand nichts, aber auch gar nichts zu tun haben - entwickelt sich so etwas wie ein Text, der in der Folge, also im weiteren Schreibakt, immer mehr auf das eigentliche Thema hin zentriert wird. Aber von wem eigentlich?

Was man dazu allerdings braucht, ist ein umfangreiches Wissen über fast alles. Man muss assoziieren können. Und dazu benötigt man natürlich auch den Background bezogen auf das in Rede stehende Thema. Dann muss man - wie so gesagt wird - gut formulieren können. Denn wenn einem der sprachliche Ausdruck selbst schon Schwierigkeiten bereitet, verliert man zuviel Kraft, um sich auf das zu konzentrieren, was man ausdrücken möchte.

Während des Schreibens entwickelt sich nach und nach ein Textgerüst, das ich beginne, in vorläufige Abschnitte einzuteilen. Oft verwende ich dazu modifizierte Kapitelüberschriften von Texten, die ich zu diesem Thema bereits gelesen habe.
Dabei erzeugt sich etwas in der Art von Kryptomnesie. Das ist ein Ausdruck aus der Freud'chen und Jung'schen Psychoanalyse. Und der meint nichts anderes als 'verstecktes, unbewusstes Erinnern'.
Man erinnert sich an Inhalte von Büchern oder Zeitschriften, Gesprächen oder anderen Texten und weiß das selbst gar nicht (oder besser, man weiß nicht, dass es die Gedanken & Texte Anderer sind), schreibt's aber in abgewandelter Form auf. Und zwar so, als sei einem das gerade eingefallen. Ist es natürlich auch, es ist einem selbst eingefallen, aber zuvor war das schon (wie gesagt) einem Anderen eingefallen. Man selbst aber hat diesen Text nur vorbewusst zur Verfügung, den man dann jedoch als eigenen ins weiße "Licht des Word-Blatts" bringt.

Es ist überhaupt so, dass man nie (wirklich nie!) weiß - und auch nie wissen kann -, wo das gerade Gesagte oder Geschriebene herkommt. Ich hatte ja versucht, das in der Geschichte über Bene kurz darzustellen. Das, worüber wir während des Kommunikationsaktes zu verfügen vermeinen - und, dass wir überhaupt denken, dies - was wir sagen, meinen, erzählen oder als Handlung nach Außen bringen - in unserer Verfügung zu haben - ja all das verdanken wir der so genannten "Nachträglichkeit". Ein terminus technicus des französischen Psychoanalytikers Lacan.

Das meint, dass wir immer erst nachher versuchen, das einzuholen, was wir zuvor gesagt oder auch getan haben. Man interpretiert die eigenen schon vollzogenen Handlungen und fügt damit dann der Wirkung eine Ursache zu. Das hat schon der große Nietzsche vortrefflich erkannt, indem er sagte, es gibt eigentlich nur Wirkungen - die Ursachen erfinden (oder rekonstruieren) wir hinzu.

Dies gilt nicht nur für die Geisteswissenschaften, also für die Wissenschaften, die zum Gegenstand im weitesten Sinne die Sprache haben. Es gilt ebenso für die Physik, die Mathematik und damit natürlich auch für all das, was mit dem Sozialen und der Ökonomie zu tun hat.


Nimm nur mal den Marketingbereich als übergreifende marktorientierte Unternehmensführung. Nimm weiter den alten Philip Kotler, der sagte, beim Marketing gehe es darum Bedürfnisse profitabel zu befriedigen. In dieser rein Unternehmens bezogenen, quasi technischen Definition steckt ein Hiatus, etwas, worüber man stolpern kann und muss. Und genau ein solcher Stolperstein ist der Ausdruck "Bedürfnisse". Denn die sind ja nicht einfach so gegeben - einmal abgesehen von den Existenzbedürfnissen: Nahrung, Flüssigkeit, Wohnraum, Sicherheit, Atmung, Wärme, Sexualität, die ein jeder befriedigen muss, um zu existieren ... darum ja auch der Ausdruck "Existenzbedürfnis".

Das worauf sich Marketing heute im Wesentlichen bezieht, ist z.B. in der Maslow-Pyramide weiter oben zu finden. Die 'Promotion', die das Marketing betreibt, ist eine Promotion der Erzeugung von Bedürfnissen, um sie durch die mit Kaufkraft ausgestatteten Wirtschafts-Subjekte zum Bedarf werden zu lassen.
Gute Marketingstrategen befassen sich meiner Meinung nach alle einem gewissen Teilaspekt ihrer GesamtTätigkeit, nämlich mit der Erzeugung von Begehren und Wünschen nach Produkten, die bestenfalls wie ein Puzzlestückchen in ein Gesamtpuzzle passen, das selbst aber nur marginalen Zusatznutzen für das wünschende Wirtschaftssubjekt bringt. Zumeist hat zuvor sogar niemand gesehen, dass das ein weißer Fleck war - eben das fehlende Puzzlestückchen.
Und einen guten Marketingmanager macht vor allen Dingen aus, dass er den Blick für dieses weiße Fleckchen hat und andere davon überzeugen kann, Geldwertes dafür einzusetzen, um dies Fleckchen verschwinden zu lassen.
Für die Menschen, die dies Fleckchen ausfüllen möchten, wird die Ergänzungstätigkeit (die Supplementierung) zum Zwang - Für den Marketingmanager und die Firma, die er berät, zum Gewinn.

Ich denke hier zum Beispiel an die Produkte von Apple. Wer braucht schon ein Telefon mit Touchscreen, wer braucht einen MP3-Player, der um ein vielfaches teurer als andere und zudem auch noch eingeschränkt im Datenformat ist? Wer braucht schon das dünnste Notebook der Welt, dem darüber hinaus noch wesentliche Funktionen anderer, ähnlicher Produkte fehlen, die dazu auch noch günstiger zu erwerben sind?

Diese Luxusbedürfnisse werden erst erzeugt und dann geschickt lanciert. Und genau hier ist dann wieder die in die Wirkung eingebrachte 'nachträgliche' Ursache am Werk. Die Wirkung ist hier der produzierte, nicht notwendige und darum aggressiv beworbene Verkaufsgegenstand. Die Ursache aber der nachträgliche, unbewusste, gespürte Mangel beim potentiellen Käufer. Man hat es also im Wesentlichen auch in den Wirtschaftswissenschaften und speziell und zuvorderst im Marketing mit Interpretationsverhältnissen und damit zugleich mit Sprachwissenschaft & Psychologie zu tun.

Ähnliches gilt für die Börse. Die "klugen BörsenKöpfe" sprechen davon, dass der Aktienmarkt nichts anderes als angewandte Psychologie sei. Aber niemand von diesen Leuten hat sich je mit mehr als der Küchenpsychologie von Lieschen Müller aus der "Brigitte" beschäftigt.
Die Börsianer rechnen den lieben langen Tag, erstellen stochastische Modelle, führen auf diesem Hintergrund statistische Analysen durch, erzeugen dann bei ihren Kunden den Wunsch nach einer erhöhten Rendite, bieten Produkte an, die diesen Wunsch zu befriedigen scheinen und sagen dann, wenn der DAX - wie vor einiger Zeit - um fast 10% eingebrochen ist, achselzuckend:
"Na ja, Börse ist eben zu 80% Psychologie. Die Kunden trieb's aus dem Markt, weil sie Ihre Renditen und ihr eingesetztes Kapital gefährdet sahen. Und alle verhalten sich wie die Rinder einer Herde. Es fällt ein Schuss, das Leitrind läuft, und alle anderen laufen hinterher."

Der Satz ist richtig! Aber man muss untersuchen, warum das Ganze so abläuft? Warum wollen wir diese Renditen? Warum versuchen wir sie auf einem unsicheren Markt zu erzielen? Warum laufen die kleinen Unbedeutenden den Großen, Bedeutenden hinterher? Warum konnte so'ne alte, hässliche Töle wie der Greenspan den Markt bestimmen, wenn er seinen übel riechende, nuscheligen Mund öffnete? Warum sahen dann plötzlich alle in diesem Greis die wunderschön junge, delphische Göttin des Geldorakels der Wallstreet.
In diesem Zusammenhang gibt's folgende, kleine Anekdote: 'Greenspan wurde während eines seiner Nickerchen geweckt & aufgefordert, etwas zur Zinsentwicklung zu sagen. Der alte Mann brabbelte schlaftrunken irgendetwas, was niemand verstand. Alle meinten jedoch, dass es etwas sehr Wichtiges gewesen sein müsse. Man interpretierte also an etwas wüst herum, das offensichtlich gänzlich ohne Bezug zur Zinspolitik und vollkommen sinnlos geäußert worden war, und gab wenig später bekannt, was Greenspan angeblich gesagt habe. Auf diesem Hintergrund (des "NichtGesagtenGesagten") berieten dann die Analysten ihre Marktkunden. Greenspan wartete nur ab. Die Börsenentwicklung verlief positiv, worauf Greenspan dann bestätigte, dass er genau das, was veröffentlicht wurde, auch so gesagt & gemeint habe."
Ein schöneres Beispiel für die nachträgliche Erzeugung von Sinn, also für die "Nachträglichkeit" von Ursache und der Bedeutung von bereits vollzogener Handlung - und damit der Verkehrung von Ursache & Wirkung - gibt's doch nicht ... oder??

Zurück zu Apple: Interessant ist, sich einmal die Frage zu stellen, wie das mit dem Apple-Hype denn inszeniert ist und abläuft.
Als Jobs die Führung der Firma wieder übernahm, war sie vollkommen am Boden. Die Computer von Apple und das so fortschrittliche Computersystem spielten sowohl im Privat- als auch im Geschäftsbereich keine Rolle mehr. Die letzten Apples (über Gravis vertrieben) die ich noch kenne, sahen aus wie die anderen Kisten auch. Alles war verwässert. Das Design, das Image, die Positionierung am Markt - ja sogar das Betriebsystem.
Microsoft hatte sich das "Fenstersystem" von Apple abgeschaut & brachte Rechner heraus mit dem Win 95. Daran wirst Du Dich ja auch noch erinnern können - war doch Dein erster Rechner ein Win95-Rechner? Auch wenn zu diesem Zeitpunkt das Win noch ziemlich anfällig war und nicht die Performanz und Stabilität von Apples damaligem Betriebsystem erreichte, hatte es jedoch keine Mühe, sich am Markt durchzusetzen, da die eigentlichen Applerechner (nicht die von Gravis vertriebenen Mac-Clones) nur noch für den Profibereich eingesetzt wurden. Power Book und Newton und alles was in diesem Bereich noch so angeboten wurde, war geflopt, weil entweder viel zu teuer oder zu wenig praktikabel.

Ich verkürz jetzt mal, weil es mir an dieser Stelle nicht um die Einholung der Apple-Geschichte geht. Es treibt mich eigentlich schon eine ganze Weile etwas anderes um, etwas, dass im Bereich des Marketing zwar einen mit entscheidenden Stellenwert besitzt, zumeist aber zu sehr vernachlässigt wird.

Jobs hatte schon immer erkannt, dass es ein wesentliches Moment für die Akzeptanz von Produkten war und ist, dass sie leicht bedienbar sind (die erste Maus wurde von Apple eingesetzt), dass sie funktionabel sind, und dass sie dies auch widerspiegeln müssen in ihrem Design.
Zurück geht eine solche Idee des Verschmelzens von Design und Funktionabilität auf die Bauhausleute, die später auch die Väter des Designs der Braunprodukte wurden. Hier ist besonders Dieter Rams zu nennen, der den so genannten Schneewittchensarg entwarf (einen all-in-one-Plattenspieler).

Jonathan Paul Ive war dann der Mann, der diesen "RamsKontext" hatte und der nach diesen Designvorstellungen den IMac entwarf. Und dieser Computer hatte ein unverwechselbares Äußeres. Die ursprüngliche Idee fand sich aber schon im ersten gebauten Mac, den ich noch aus meiner Studentenzeit kenne. Einer der Dozenten am Institut hatte damals ein solches Ding. Ein Computer, in dem schon alles enthalten war, was man brauchte.
Hinzu kommt aber auch die außergewöhnliche Präsentation der Produkte durch Apple. Das Zelebrieren von kruden technischen Gegenständen als wirkliche, lebendige Individuen. Wie geliebte Dinge, die plötzlich da sind und ohne die man nicht mehr auszukommen vermeint.
Die Produkte erhielten den Nimbus von Übergangsobjekten (im Sinne des Psychoanalytikers Winnicott). Ein Übergangsobjekt ist zu Beispiel so was wie'n Kuscheltier, oder 'ne Schmusedecke, das einen so genannten intermediären Raum zwischen Mutter und Kind einnehmen kann: Ist die Mutter weg, dann kann das Kind die Verlustangst mindern, indem es seine Schmusedecke als Supplement (Ersatz) der geliebten Mutter einsetzt. Und ein bisschen davon beinhaltet das von Ive kreierte Design.
Es hat etwas Rundes und damit zugleich etwas Weiches. Es hat etwas Glattes und damit zugleich etwas Schmiegsames (wie z.B. die Mutterbrust). Es hat etwas Autonomes und damit zu gleich etwas Insichruhendes, an dem man sich selbst beruhigen kann. Es hat etwas Kompaktes und damit zugleich etwas, dass einem Stärke verleiht. Und es hat etwas Schönes, Anmutiges und damit zugleich etwas, das auf das erste Objekt der Begierde (die Mutter) rückverweist und auf die Geliebte vor verweist. Und es hat etwas Frivoles, Unikatives, Verführendes und damit zugleich etwas, dem man sich hingeben möchte. And so on ....

Wenn Du nun das unter dem oben beschrieben Aspekt der Bedürfniserzeugung (ich spreche in diesem Zusammenhang lieber von Begehren & Wunsch) also wenn Du das mit dem oben Gesagten verbindest, dann wirst Du sehen, dass über das Design der Wunsch des Besitzes eines solchen Gegenstandes erzeugt wird. Potentiell ist dieser Wunsch als etwas Diffuses vorhanden. Ausgestaltet und strukturiert wird er dann durch das eigentliche Produkt und die Präsentation durch Steve Jobs, so als gäbe uns GottVater ein Stückchen von EVA. Und um diese Eva ist zuvor ein ungeheures Geheimnis gemacht worden. So wie immer schon ein ungeheures Geheimnis um die Vulva gemacht wurde. Dann wird sie entdeckt (im Sinne von aufgedeckt) ... bisschen jedenfalls ... aber zugleich durch die funktionale Form & den Charakter des Dings als Gebrauchsgegenstand wieder entmythisiert ... und immer wieder ... und immer wieder...

... aber das, was mich wirklich brennend interessiert und bei dem ich jedoch immer noch nicht angekommen bin, ist die sprachliche Ausgestaltung des Produkts ... also, was ist mit dem "I" im Imac, Iphone, Ipod ...
Dazu vielleicht später ... getz muss ich er's ma' wat kochen & essen... eben BEDÜRFNIS; WUNSCH ::: BEGEHREN ;-) ... ju()no??

Gruß